Dringende Auslands-Behandlung Kosten müssen erstattet werden

LuxemburgRechtliches

Wem in seinem Heimatland medizinisch nicht weitergeholfen werden kann, der kann sich auch in einem anderen EU-Land behandeln lassen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Es darf also nicht per nationalem Gesetz verboten werden, dass die Kosten für einen dringenden Eingriff, dem sich ein EU-Bürger in einem anderen Mitgliedstaat unterzogen hat, erstattet werden.

In Ungarn existiert allerdings eine solche nationale Regelung, die die Übernahme der Kosten in allen Fällen ausschließt, wenn keine Vorabgenehmigung erteilt wurde. Einem solchen nationalen Gesetz stünden der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs und die Richtlinie über grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung entgegen, so die Richter.

Der EuGH stellte zunächst fest, dass eine Gesundheitsversorgung, die der Versicherte allein nach seinem eigenen Willen in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch genommen hat, eine geplante Behandlung im Sinne der Verordnungen ist. Ob die Kosten einer solchen Behandlung von dem zuständigen Träger des Heimatlandes übernommen werden, sei daher davon abhängig, ob eine Vorabgenehmigung erteilt wurde.

Allerdings seien die Kosten auch ohne eine solche Vorabgenehmigung zu erstatten, wenn besondere Umstände dies notwendig machen. Solche Umstände lägen insbesondere vor, wenn die Behandlung so dringend war, dass eine Entscheidung über die Genehmigung nicht abgewartet werden konnte, so das Gericht.

Ein Ungar hatte sich wegen der drohenden Gefahr des Erblindens in Deutschland behandeln lassen. Er wurde vorher in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen in seinem Heimatland behandelt, dies hatte jedoch keine Wirkung gezeigt. Deshalb verringerte sich sein Gesichtsfeld immer mehr und sein Augeninnendruck nahm stetig zu.

Der Ungar hatte daraufhin Rat bei einem Arzt in Recklinghausen gesucht, der den Patienten bereits einen Tag nach der Untersuchung operierte, um die Sehkraft zu erhalten. Die OP war erfolgreich. Die ungarischen Behörden hatten den Antrag auf Erstattung der Kosten für die Gesundheitsversorgung in Deutschland jedoch abgelehnt. Das begründeten sie damit, dass es sich bei der Versorgung um eine geplante Behandlung gehandelt habe, für die es keine Vorabgenehmigung gegeben habe. Eine solche sei aber von den Unionsverordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit notwendig. Die Richter am EuGH waren anderer Ansicht und gaben dem Ungarn recht.

 

EuGH 23.9.2020, Az.: C-777/18