Das Portal betreibt im Internet eine Vermittlungsplattform, auf dem Kundinnen und Kunden ihr Interesse an einer ärztlichen Behandlung mit medizinischem Cannabis anmelden können. Es präsentiert dort Ärzte, mit denen die einzelnen Kunden einen Behandlungstermin vereinbaren können. Die Serviceleistungen des Portals wurden von mindestens einem seiner Kooperationsärzte entsprechend der von ihr vorgegebenen Vergütungsregelung mit einem zu hohen prozentualen Anteil des ärztlichen Honorars vergütet. Schon das Landgericht ging daher von einer verdeckten Vermittlungsprovision aus.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hält die Werbung und das Verhalten des Portals unter mehreren Aspekten für wettbewerbswidrig. Das Landgericht hat das Portal unter anderem verurteilt, es zu unterlassen, bestimmte Werbeaussagen im Zusammenhang mit der medizinischen Cannabisbehandlung zu tätigen und den Ärzten konkrete Raumnutzungs- und Serviceverträge zur Verfügung zu stellen. Der Wettbewerbssenat des OLG hat den hiergegen eingelegten wechselseitigen Berufungen teilweise stattgegeben. Das Gericht war der Ansicht, dass das Landgericht die Beklagte zu Recht verpflichtet hatte, die Umsetzung von Raumnutzungs- und Serviceleistungsverträgen mit ihren Kooperationsärzten zu unterlassen, nach deren Vergütungsregelung ihr ein prozentualer Anteil am ärztlichen Honorar für die Behandlung jedes einzelnen Patienten zusteht. Da dieser Vergütungsanteil zumindest teilweise als Entgelt für die Zuweisung von Patienten zu den Ärzten über das Portal anzusehen sei, liege ein Verstoß gegen ärztliches Berufsrecht vor.
Das Landgericht habe der Beklagten auch zu Recht untersagt, für eine ärztliche Behandlung mit Cannabis mit dem Slogan zu werben: „Ärztliches Erstgespräch vor Ort oder digital“. Diese Werbung verstoße gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen (§ 9 Satz 1 HWG). Ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs verstehe die Werbung dahin, die Erstbehandlung mit Cannabis könne alternativ beziehungsweise gleichwertig digital erfolgen. Dies sei zum Zeitpunkt der Werbung nach dem seinerzeit noch geltenden Betäubungsmittelrecht nicht zulässig gewesen. Das Portal habe nicht aufgezeigt, dass ein persönlicher ärztlicher Erstkontakt nach heutigen fachlichen Standards nicht mehr geboten sei.
Schließlich seien – entgegen der Ansicht des Landgerichts – auch Teile der Werbung für eine Behandlung mit Cannabis verboten. Zwar liege seit Anfang April 2024 kein Verstoß mehr gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Teile der Werbung verstießen aber gegen das sogenannte Laienwerbeverbot (§ 10 Abs. 1 HWG). Eine „Werbung für Arzneimittel“ stellten nämlich auch Maßnahmen dar, die die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder Verbrauch von unbestimmten Arzneimitteln fördern sollten. Die Werbung des Portals sei insoweit keine bloße Information zu Cannabis oder reine Unternehmenswerbung, sondern produktbezogene Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel.
Dass das Portal medizinisches Cannabis dabei nicht selbst anbiete, sei unerheblich. Der Werbende müsse kein unmittelbares Eigeninteresse am Vertrieb des beworbenen Arzneimittels haben. Das Portal habe ersichtlich die Absicht gehabt, durch seine Werbung (zumindest auch) die Verschreibung und den Absatz von Cannabis zu fördern. Dass die Entscheidung, Cannabis zu verschreiben, ausschließlich bei den Kooperationsärzten des Portals liege, stehe der Annahme unzulässiger Arzneimittelwerbung nicht entgegen. Die Mitgliedstaaten der EU seien grundsätzlich kraft Richtlinie verpflichtet, Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verbieten. Außerdem ziele die streitgegenständliche Werbung gerade darauf ab, die Nachfrageentscheidung von Verbrauchern nach medizinischem Cannabis zu beeinflussen.
OLG Frankfurt am Main, 6.3.2025, Az. 6 U 74/24