Biologika-Austausch: Fachverbände lehnen automatische Substitution in der Apotheke ab

BerlinHautarztnews

Ab Mitte August sollen Apotheken Biologika ähnlich wie Generika austauschen können. Dazu stehen häufig preisgünstigere Biosimilars zur Verfügung. Dies wurde 2019 mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung festgelegt. Nun hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ein Stellungnahmeverfahren zu seiner vorgesehenen Änderung der Arzneimittel-Richtlinie eingeleitet. Vor diesem Hintergrund fordern BVDD, die DDG sowie rehumatologische und gastroenterologische Fachverbände, die umstrittene Regelung aus dem Gesetz zu streichen.

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Im Juni 2019 hat der Bundestag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen. Durch eine Änderung in § 129 SGB V ist ab 16. August 2022 die automatische Substitution von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln in der Apotheke vorgesehen. Voraussetzung ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) vorab eine Austauschbarkeit in Bezug auf ein biologisches Referenzarzneimittel festgestellt hat. Für Ärztinnen und Ärzte hat der G-BA bereits im August 2020 Hinweise für eine wirtschaftliche Verordnungsweise veröffentlicht.

Nun haben dermatologische, rheumatologische und gastroenterologische Fachverbände nach Aufforderung des G-BA vom 12. April 2022 ihre Stellungnahme zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie zum Austausch von biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln durch Apotheken  vorgelegt. Folgende Verbände und Gesellschaften waren an der Stellungnahme beteiligt: Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD), Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG), Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh), Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng), Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS), Kompetenznetz Darmerkrankungen.

Die Hauptpunkte dieser gemeinsamen Stellungnahme zum möglichen Austausch von Biologika auf Apothekenebene sind im Folgenden zusammengefasst:

  • Ein Austausch darf nur erfolgen, wenn das Austauschpräparat auch für das den Patienten betreffende Anwendungsgebiet zugelassen ist.
  • Das „aut idem-Kreuz“ kann nicht zur breitflächigen Verhinderung eines Biologika-Austausches auf Apothekenebene verwendet werden, da dann dem verordnenden Arzt fälschlicherweise die Wirtschaftlichkeitsverantwortung übertragen würde.
  • Verordnete rabattierte Biologika dürfen prinzipiell nicht auf Apothekeneben ausgetauscht werden können.
  • Bei einer kompletten Vergleichbarkeit bezüglich der Wirksamkeit und Verträglichkeit sowie der Darreichungsform darf eine allerdings nur einmalige Biologika-Umstellung erfolgen, da ein mehrfacher Switch bei fehlender ausreichender Evidenz für diese Situation potentielle negative Effekte für den Patienten in sich birgt.
  • Die notwendigen Informationen zu einem potentiellen Austausch-Biologikum können nicht in der Apotheke, sondern nur in der vertrauten Arzt-Patienten-Beziehung, ggf. unter zusätzlicher Delegation an eine Fachassistenz in der notwendigen Qualität unter Berücksichtigung der persönlichen Krankheitsbesonderheiten durchgeführt werden.
  • Es darf keine Veränderung der Applikationswege zwischen Pen oder Fertigspritze beim Austausch vorgenommen werden dürfen.
  • Bei einem geplanten Biologika-Austausch müssen die Patienten auch über mögliche Begleiteffekte durch unterschiedlichen Hilfsstoffe, z.B. in subkutanen Präparationen informiert werden.
  • Der Biologika-Austausch auf Apothekenebene kann durch eine dadurch möglicherweise bedingte unvollständige Information des behandelnden Arztes zu Problemen bei der Pharmakovigilanz führen.

Die genannten Verbände und Gesellschaften warnen vor relevanten Problemen im Hinblick auf einen möglichen Austausch von Biologika auf Apothekenebene. Sie lehnen eine solche automatische Substitution von Apotheken für Biologika ab. "Daher wäre es zu wünschen, dass der G-BA unseren Vorschlägen bei der Aufnahme seiner Stellungnahme zu einem solchen Austausch von Biologika auf Apothekenebene entsprechend nachkommen und diese aus fachlicher Sicht und aus Patient*innenbedürfnissen heraus ablehnen würde", heißt es in der Stellungnahme. Darüber hinaus fordern die Verbände und Gesellschaften vom Gesetzgeber, die zweite Stufe der Umsetzung des Gesetzes zur Austauschbarkeit von Biologika in der Apotheke zurückzunehmen.

 

wha/BVDD