Weiterbildung Weiterbildender Arzt muss ganztätig in der Praxis sein

MünchenRechtliches

Ist eine zur Weiterbildung befugte Ärztin oder ein befugter Arzt nur zeitweilig (hier: 13 Stunden pro Woche) in der Weiterbildungsstätte (hier: Klinik) anwesend, kann ihm oder ihr auch nur eine anteilige Zeit anerkannt werden. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VG) München entschieden.

Eine Ärztin war vom 1. Juli 2013 bis zum 30. April 2015 im Klinikum L. ganztägig und hauptberuflich als Assistenzärztin tätig. Ihr dortiger Weiterbilder, Dipl.-Med. R. (Weiterbilder), hatte im Juni 2011 bei der Ärztekammer (ÄK) eine Weiterbildungsbefugnis als Weiterbilder an mehreren Weiterbildungsstätten beantragt und dabei angegeben, wöchentlich 42 Stunden in seiner Praxis und 13 Stunden in der Kinderabteilung des Klinikums L. zu arbeiten. Ihm war daraufhin im Februar 2012 von der ÄK eine 24-monatige Weiterbildungsbefugnis für beide Weiterbildungsstätten erteilt worden. Diese enthielt insbesondere die Nebenbestimmung, dass die Befugnis für Praxis und Klinikum gelte,
jedoch sicherzustellen sei, dass die Weiterbildung von Assistentinnen und Assistenten an den beiden Weiterbildungsstätten ganztägig unter der persönlichen Anleitung des Weiterbilders erfolge. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Assistenzärztinnen und -ärzte über die festgesetzten Nebenbestimmungen in Kenntnis zu setzen seien. Mit Schreiben der ÄK vom Oktober 2013 wurde der Weiterbilder unter anderem darauf hingewiesen, dass sowohl die Weiterbildung in der Praxis als auch die stationäre nur unter der fachlichen Leitung eines Weiterbilders
erfolgen könne, der vor Ort sei.

Der Webseite der ÄK war zu entnehmen, dass die Weiterbildungsbefugnis des Dipl.-Med. nur mit Nebenbestimmung gilt. Der Wortlaut der Nebenbestimmung war im „Meine BLÄK-Portal“ für alle in Bayern gemeldeten Ärztinnen und Ärzte abrufbar. Der vorgelegten Auflistung über die Weiterbildungsbefugnis ist zu entnehmen, dass eine Weiterbildungsbefugnis für den Weiterbilder in dessen Praxis und im Klinikum L. besteht. Es ist ein Klammerzusatz angefügt mit „WBB gilt an beiden Standorten“. In der Spalte „Jahre der Weiterbildungsbefugnis“ ist eingetragen „2 *m. NB“.

Die Ärztin beantragte am 27. November 2019 bei der ÄK die Anerkennung als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und legte unter anderem ein Weiterbildungszeugnis ihres Weiterbilders Dipl.-Med. R. für die Tätigkeit im Klinikum L. vor, nach dem sie vom 1. Juli 2013 bis zum 30. April 2015 unter seiner Anleitung ganztägig und hauptberuflich als Assistenzärztin in der Kinderund Jugendabteilung des Klinikums tätig gewesen sei. Mit einem Schreiben bestätigte der Weiterbilder die ausschließliche Tätigkeit der Klägerin im Klinikum L.

Auf Nachfragen der ÄK erklärte der Weiterbilder, dass die Ärztin zu keiner Zeit in der Praxis tätig gewesen sei. Er selbst sei tatsächlich deutlich mehr als die in seinem Antrag angegebenen 13 Stunden im Klinikum L. anwesend gewesen; entsprechende Arbeitsverträge könne er nicht vorlegen. Er habe täglich zwischen acht und elf Uhr jede einzelne Patientin und jeden Patienten mit seinen Assistentinnen und Assistenten erörtert. Die Praxis sei nicht weit vom Klinikum entfernt und eine Anwesenheit binnen wenigen Minuten möglich gewesen. Jede stationäre Neuaufnahme sei zeitnah persönlich begutachtet und mit den Assistenten besprochen worden. Es habe eine tägliche Abendvisite gegeben. In der Zwischenzeit sei er telefonisch immer erreichbar gewesen. gig in der Praxis vertreten worden und nur für die Klinik dagewesen. Laut einer E-Mail der Personalabteilung des Klinikums L. stand der Weiterbilder mit 32,5 %, also 13 Stunden wöchentlich, zur Verfügung.

Dem Antrag der Ärztin wurde mit Bescheidvom 2. März 2021 nicht stattgegeben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich der 22 im Klinikum L. abgeleisteten Monate nur 7,48 Monate angerechnet werden könnten, sodass für die erforderliche 60-monatige Weiterbildung 14,52 Monate fehlten. Die Anrechnung entspreche dem Anteil von 13 Stunden pro Woche, die der Weiterbilder im Rahmen seines Antrags auf Weiterbildungsbefugnis als Tätigkeit im Klinikum L. angegeben habe. Gegenläufige Nachweise seien trotz mehrmaliger Nachfrage nicht erbracht worden.

Gegen diesen Bescheid legte die Ärztin Widerspruch ein. Dieser blieb ebenso erfolglos wie ihre anschließende Klage. Die Ärztin ging deshalb in Berufung, scheiterte aber auch hier. Nach Ansicht des Gerichts war es korrekt, der jungen Ärztin nur rund ein Drittel der Weiterbildungszeit anzuerkennen. Die Berufung ist unbegründet. 

Nach § 5 der Muster-Weiterbildungsordnung in der ab dem Jahr 2015 geltenden Fassung müsse der weiterbildende Arzt die Weiterbildung grundsätzlich ganztägig durchführen. Dies sei hier nicht geschehen, da der weiterbildende Arzt nur 13 Stunden pro Woche im Klinikum anwesend war. Eine telefonische Erreichbarkeit beziehungsweise eine schnelle Herbeirufbarkeit sei nicht ausreichend. Die Ärztin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Wegen dieser Nichterfüllung der Weiterbildungspflicht könne der Ärztin im Ergebnis auch nur etwa ein Drittel ihrer Weiterbildungszeit anerkannt werden.

 

VG München, 19.3.2025, Az. 21 ZB 23.2357