Gekaufte Bewertungen Portal darf Warnhinweise verteilen

Frankfurt/MRechtliches, Praxismanagement

Ein Ärztebewertungsportal darf bei einem begründeten Verdacht von „gekauften Bewertungen“ das Arztprofil mit einem Warnhinweis kennzeichnen. Die Grundsätze der sogenannten Verdachtsberichterstattung gelten auch hier. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main hervor.

Ein Arztbewertungsportal informierte einen Zahnarzt darüber, dass auf seinem Profil „gefälschte positive Bewertungen“ festgestellt worden seien. Sollte er dies nicht aufklären können, kündigte das Portal an, die Nutzer per Warnhinweis über gekaufte Bewertungen zu informieren. Nach anschließender Korrespondenz veröffentlichte das Bewertungsportal einen solchen Warnhinweis auf dem Profil des Zahnarztes.

Auszugsweise heißt es dort: „Bei einzelnen Bewertungen auf diesem Profil haben wir Auffälligkeiten festgestellt, die uns veranlassen an deren Authentizität zu zweifeln. Wir haben den Profilinhaber mit dem Sachverhalt konfrontiert. Hierdurch ließ sich die Angelegenheit bisher nicht aufklären. Der Profilinhaber bestreitet für die Manipulation selbst verantwortlich zu sein.“

Dieser Hinweis erscheint, wenn man mit der Maus auf die Gesamtnote im Profil des Zahnarztes fährt (Mouse-over). An der linken oberen Ecke der Gesamtnote befindet sich ein kleines, rot unterlegtes Ausrufezeichen. Der Zahnarzt forderte im Eilverfahren von dem Bewertungsportal, diese Kennzeichnung per Warnzeichen und Hinweistext zu unterlassen, scheiterte aber vor dem OLG.

Die Richter waren der Ansicht, dass der Warnhinweis zwar in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Gewerbebetriebs eingreife. Das sei jedoch nicht rechtswidrig. Der Zahnarzt moniere zu Unrecht, dass das Bewertungsportal ihn „als Lügner und Betrüger“ darstelle. Dem Warnhinweis sei klar zu entnehmen, dass es sich um einen bloßen Verdacht handele und der Zahnarzt die Vorwürfe bestreite. An keiner Stelle werde der Eindruck erweckt, der Zahnarzt selbst sei für die Bewertungen verantwortlich.

Die Vorgehensweise des Bewertungsportals sei deshalb nach den Grundsätzen über die sogenannte Verdachtsberichterstattung gedeckt. Diese Grundsätze seien auf das Bewertungsportal anwendbar, denn es übe eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion aus. Das Bewertungsportal berufe sich zu Recht auf einen „Mindestbestand an Beweistatsachen für das Vorliegen gekaufter/manipulierter Bewertungen im Profil“ des Zahnarztes. Das OLG verweist auf die Feststellungen des Landgerichtes.

Danach hatte das Bewertungsportal anhand von E-Mails und IP-Adressen herausgefunden, „dass Bewerter für Bewertungsanbieter tätig waren und diese Bewerter ebenfalls das Ärzte-Profil des Zahnarztes bewertet haben sollen. Dass diese Nutzer gekaufte Bewertungen abgaben, hätten andere, von diesen Nutzern bewertete Ärzte eingeräumt“. Der Verdacht falle dabei grundsätzlich auf den Zahnarzt als Profilinhaber. Dieser müsse die Vorwürfe ausräumen beziehungsweise an der Aufklärung mitwirken. Das hätte der Zahnarzt aber nicht getan.

Keinen Erfolg hatte auch der Einwand des Zahnarztes, er sei erpresst worden. Er habe Schreiben von Erpressern erhalten, die mit manipulierten positiven Bewertungen gedroht hätten, wenn er nicht 500 Euro zahle. Diese Erklärung sei widersprüchlich und nicht plausibel, fand das Gericht. Es sei zum Beispiel nicht verständlich, warum die Erpresser nicht unmittelbar mit negativen Bewertungen gedroht hätten.

Der Warnhinweis sei auch in seiner Gestaltung nicht zu beanstanden. Insbesondere enthalte er keine Vorverurteilung. Schließlich bestehe ein öffentliches Interesse an dem Warnhinweis. Dies sei bereits beim Verdacht einer Manipulation anzunehmen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

 

OLG Frankfurt/M. 19.11.2020, Az.: 16 W 37/20