Ein Mann leidet nach Comirnaty-Impfung an entzündlicher Darmerkrankung. Vor der Impfung hatte der Mann ein übliches Aufklärungsformular über die Risiken der Impfung ausgehändigt bekommen. Darauf hatte er angekreuzt, dass er keine weiteren Fragen an den Arzt habe. Ein Aufklärungsgespräch fand vor der Impfung nicht statt. Nach der Impfung litt der Mann unter Colitis ulcerosa. Er meinte, dies sei ein Impfschaden, für den der Arzt verantwortlich sei. Er verklagte den Arzt wegen eines Aufklärungsfehlers auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld, aber ohne Erfolg.
Das LG Berlin verneinte eine Pflicht zur mündlichen Aufklärung und wies die Haftungsansprüche als unbegründet ab. Schon der Bundesgerichtshof habe in der Vergangenheit ein Aufklärungsgespräch bei empfohlenen Routineimpfungen (damals Polio-Schluckimpfung) für nicht erforderlich angesehen. Zwar sei die Covid-19-Impfung keine Routineimpfung. Der Grund für die Impfung und der Impfstoff waren aber in der Bevölkerung allgemein bekannt. Nach den klinischen Prüfungen, die eine hohe Wirksamkeit des Impfstoffs versprachen, war die Grundstimmung im überwiegenden Teil der Bevölkerung gegenüber der Impfung positiv. Die Impfung gegen COVID-19 mit mRNA-Impfstoffen war im ersten Halbjahr 2021 eine Massenimpfung von Millionen Menschen. Würde man in einer solchen Situation verlangen, dass vor jeder Impfung ein persönliches ausführliches ärztliches Aufklärungsgespräch erforderlich ist, wäre dies logistisch kaum zu leisten gewesen und hätte die Impfkampagne erheblich verzögert.
Bei dieser Gemengelage erscheint es dem LG Berlin angemessen und ausreichend, dass nach vorheriger schriftlicher Aufklärung mit einem Merkblatt jeder zu impfenden Person die Möglichkeit gegeben wird, im mündlichen Arztgespräch vor der Impfung Nachfragen zu stellen. Das dem Mann übergebene Aufklärungsformular decke alle wesentlichen Themen und Risiken ab. Auch nach Befragung des Mannes konnte das LG nicht erkennen, welche Informationen dem Mann gefehlt haben sollen und ob dieser überhaupt Fragen dazu gehabt habe.
LG Berlin, 10.1.2025, Az. 17 O 53/24