Dies gilt auch, wenn es um die Nachbesetzung einer MVZ-Anstellung geht. Und der Zulassungsausschuss ist an die vorgelagerte Entscheidung, dass eine Nachbesetzung durchgeführt wird, gebunden und kann deshalb nicht das bisherige chirurgische Patientenklientel außer Acht lassen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg entschieden.
Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde: Eine halbe Vertragsarztzulassung in einem MVZ im Berliner Bezirk T., die ein Facharzt für Chirurgie als angestellter Arzt innehatte, sollte nachbesetzt werden. Dieser Sitz wurde einige Zeit nicht von einem Arzt besetzt. Der Zulassungsausschuss entschied jedoch, dass der Sitz nachzubesetzen ist.
Es bewarben sich eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Sitz im Bezirk F., die den Vertragsarztsitz mit einer angestellten Fachärztin für Orthopädie fortführen wollte, und ein Facharzt für Chirurgie, der im Bezirk T. mit halber Zulassung ärztlich tätig war.
Der Zulassungsausschuss übertrug den hälftigen Vertragsarztsitz an die BAG zum Zwecke der Anstellung der Fachärztin für Orthopädie. Grundlage der Entscheidung war die Überlegung des Zulassungsausschusses, dass der ausgeschriebene Sitz bereits seit längerem unbesetzt sei, keine Patienten mehr vorhanden seien und daher eine Weiterversorgung der chirurgischen Patienten nicht notwendig sei. Weiter begründete der Zulassungsausschuss die Entscheidung damit, dass der Bezirk F., in dem die Fachärztin für Orthopädie tätig werden wollte, deutlich schlechter versorgt war als der Bezirk T.
Der Facharzt für Chirurgie widersprach und klagte schließlich gegen diese Entscheidung, unterlag beim Sozialgericht Berlin und legte dann Berufung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ein. Seiner Ansicht nach habe der Praxissitz im Rahmen der Nachbesetzung nicht an eine Praxis in einem anderen Verwaltungsbezirk gegeben werden dürfen. Dass ein Patientenstamm vorhanden sei, folge bereits aus den Voraussetzungen eines Nachbesetzungsverfahrens.
Das LSG sah die Entscheidung des Berufungssausschusses als rechtswidrig an, hob diese auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück an den Berufungsausschuss. Dieser habe seiner Entscheidung die falschen Kriterien zugrunde gelegt. Denn auch bei der Nachbesetzung eines nach § 95 Abs. 9b SGB V umgewandelten Angestellten-Arztsitzes eines MVZ komme es für die Beurteilung der grundsätzlichen Befähigung der Bewerber zur Fortführung der vertragsärztlichen Versorgung auf das Praxisprofil des konkret abzugebenden Vertragsarztsitzes und damit auf die üblichen Auswahlkriterien wie berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit an.
Die Zulassungsgremien seien im Nachbesetzungsverfahren an die vorgeschaltete Entscheidung über die Durchführung der Nachbesetzung auch an die Entscheidung, dass ein fortführungsfähiges Praxissubstrat vorhanden ist, gebunden. Daher könne ein Zulassungsausschuss nicht argumentieren, es komme nicht auf die Versorgung der chirurgischen Patienten an, weil diese nicht mehr vorhanden seien. Somit komme es
auf die Versorgung eben dieser chirurgisch behandelten Patienten an und diese können wegen der geltenden Facharztgrenzen nur von einem Facharzt für Chirurgie, nicht aber von der Fachärztin für Orthopädie behandelt werden, sprich ein vormals von einem Facharzt für Chirurgie besetzter Vertragsarztsitz könne mangels chirurgischer Qualifikation nicht von einer Fachärztin für Orthopädie fortgeführt werden.
LSG Berlin-Brandenburg, 19.2.2025, L 7 KA 23/22