Verkaufspersonal an Frischtheken wird unnötig belastet

Das Arbeiten mit Einmalhandschuhen an Fleisch-, Wurst- und Käsetheken bringt für die Kunden keinen zusätzlichen Gewinn an Hygiene. Darauf weist die Präventionskampagne Haut hin. Vielmehr schaden die Handschuhe den Beschäftigten: denn Handschuhe, regelmäßig über längere Zeit getragen, erhöhen das Risiko einer Hauterkrankung.

Gängige Praxis hält wissenschaftlicher Überprüfung nicht Stand

BERLIN - Das Arbeiten mit Einmalhandschuhen an Fleisch-, Wurst- und Käsetheken bringt für die Kunden keinen zusätzlichen Gewinn an Hygiene. Darauf weist die Präventionskampagne Haut hin. Vielmehr schaden die Handschuhe den Beschäftigten: denn Handschuhe, regelmäßig über längere Zeit getragen, erhöhen das Risiko einer Hauterkrankung.

In einem Forschungsprojekt haben die Fleischerei-Berufsgenossenschaft (FBG), die Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel (BGE) und das Institut für Arbeitsschutz (BGIA) die Bakterienbelastung auf verschiedenen Oberflächen untersucht – auf der bloßen Hand, auf Einmalhandschuhen und auf Lebensmittelattrappen. „Die Untersuchungen ergaben, dass Handflächen, Handschuhe und verwendete Geräte bereits nach fünfminütigem Umgang mit verschiedenen Lebensmitteln eine sehr starke Anreicherung von Bakterien zeigten“, sagt Dr. Annette Kolk, Leiterin des Referats Biologische Arbeitsstoffe am BGIA.
Es konnte kein Unterschied zwischen der Arbeit mit Handschuhen und jener mit bloßen Händen festgestellt werden. Denn, so zeigte der Versuch, wer Handschuhe benutzte, war eher geneigt, die Lebensmittel mit den Händen zu berühren. Wer keine trug, griff eher zum Hilfsmittel, etwa einer Gabel. „Für den Kunden haben Einmalhandschuhe an Frischetheken somit keinerlei hygienischen Vorteil“, sagt Kolk.
Für die Beschäftigten hat das lange Tragen von Einmalhandschuhen allerdings Nachteile, denn es erhöht das Risiko für berufsbedingte Hauterkrankungen. Der Grund: Durch das lange Tragen schwitzt die Haut und schafft so eine feuchte Atmosphäre im Handschuh. Die Haut trocknet aus, ihre natürliche Schutzschicht wird stellenweise zerstört, Bakterien und andere Erreger können eindringen. Ein Ekzem kann entstehen. Die Folge können langwierige Beschwerden bis zur Berufsaufgabe sein.
Berufsbedingte Hauterkrankungen sind keine Seltenheit. Im Jahr 2006 zählten die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung 9.175 bestätigte Hauterkrankungen – mit einem Prozentsatz von fast 40 Prozent liegen diese Erkrankungen damit an der Spitze der häufigsten bestätigten Berufskrankheiten, noch vor Lärmschwerhörigkeit (23 Prozent) und Asbestose (8,5 Prozent).
Zu den gefährdeten Berufsgruppen gehören vor allem Pflegekräfte, Friseure, Schlosser, Mechaniker und Verkaufspersonal in der Lebensmittelbranche. Hauptursache für die hohe Zahl an Hauterkrankungen ist Feuchtarbeit – dazu zählt auch das ununterbrochen lange Tragen von Handschuhen. Derzeit wird auf der Grundlage dieser Untersuchung von BGE und FBG eine Empfehlung für Betriebe erarbeitet.
Die Präventionskampagne Haut ist eine gemeinsame Aktion von gesetzlicher Kranken- und Unfallversicherung. Der BVDD ist als Kooperationspartner beteiligt. Insgesamt werben rund 120 Krankenkassen und Unfallversicherungsträger unter dem Motto „Deine Haut. Die wichtigsten 2m2 Deines Lebens.“ dafür, das größte Organ des Menschen zu schützen. Das Ziel der Kampagne lautet: „Gesunde Haut, weniger Hauterkrankungen!“