Versorgung von Allergie-Patienten in Gefahr: Viactiv setzt Regressterror gegen Allergologinnen und Allergologen fort

Berlin/WiesbadenPressemitteilung

Die Krankenkasse Viactiv hat ihre eigene Zusage aus dem letzten Jahr gebrochen und aktuell in Rheinland-Pfalz die Durchsetzung der Regressanträge gegen allergologisch tätige Ärzte betrieben! Begründung: Für Hyposensibilisierungen eingesetzte Therapieallergene hätten keine gültige Zulassung und könnten daher nicht zulasten der GKV verordnet werden. Die KBV hat hingegen bereits vergangenes Jahr klargestellt, dass die Ärzte rechtskonform handeln. Der BVDD und der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) fordern daher die Viactiv auf, die unrechtmäßigen Regresse komplett zurückzunehmen.

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In einem offenen Brief fordert BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski den Viactiv-Vorstand auf, bis zum 31. Januar 2023 alle gegen Dermatologinnen und Dermatologen eingeleiteten und anhängigen Regressverfahren wegen einer allergenspezifischen Immuntherapie (AIT) schriftlich bei den gemeinsamen Prüfeinrichtungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen zurückzunehmen und dies auch schriftlich gegenüber dem BVDD zu erklären. Sollte dies nicht geschehen, wird der BVDD die zuständige Dienstaufsichtsbehörde einschalten und seine Mitglieder dazu auffordern, in ihren Praxen Viactiv-Versicherte über die versorgungsfeindliche Grundhaltung ihrer Krankenkasse zu informieren.

“Wir sehen uns zu diesem Schritt veranlasst, da die Viactiv-Krankenkasse aus unserer Sicht ihr Wort gebrochen hat und entgegen ihrer eigenen Ankündigung nun doch die Durchsetzung der Regressanträge aus dem Februar 2022 betreibt. Damit werden erneut Kolleginnen und Kollegen mit diesem Regressterror massiv verunsichert, was letztlich die Versorgung aller gesetzlich krankenversicherten Allergiker bedroht”, stellt Dr. Ralph von Kiedrowski klar.

Auch der Präsident des AeDA, Professor Ludger Klimek, sieht eine erhebliche Gefahr für die Patientenversorgung: „Wir sehen seit Jahren eine zunehmende Unterversorgung in der Allergologie. Die Vorgehensweise der Viactiv wird die Ärzte weiter verunsichern und es für Patientinnen und Patienten schwieriger machen, eine Allergen-Immuntherapie zu erhalten.“ 

Mit den unrechtmäßigen Regressanträgen begonnen hat die Viactiv bereits vor rund einem Jahr. Nach dem gemeinsamen Protest verschiedener allergologischer Fachverbände und nach einer Klarstellung der KBV an sämtliche Prüfstellen, dass die Verordnungen der Therapieallergene nicht zu beanstanden seien, lenkte die Viactiv am 6. April 2022 zum Teil ein. Die Kasse versprach, bei den Prüfeinrichtungen nicht auf eine Regressierung und monetäre Rückzahlung zu bestehen, sondern eine Beratung der Ärztinnen und Ärzte zu fordern. Schon dies war aus Sicht des BVDD nicht ausreichend, da die Kasse die Regressdrohungen nicht ganz fallen ließ. Außerdem kündigte die Viactiv schon damals an, Neuverordnungen der beanstandeten Therapieallergene ab dem 1. April 2022 wieder den Prüfstellen mit einem Regressantrag zur Prüfung vorzulegen. Die nun aus Niedersachsen und Rheinland-Pfalz bekannt gewordenen Fälle beziehen sich jedoch auf ältere Verordnungen aus 2020.

“Auch die neuerlichen Regressforderungen haben zwar keine Chance, untergraben aber dauerhaft das Vertrauen in Zusagen von Krankenkassen. Diesen Affront gegenüber der Ärzteschaft werden wir nicht ohne eine Reaktion aus unseren Praxen hinnehmen”, kündigt der BVDD-Präsident an.

 

Hintergrund:

Therapieallergene sind grundsätzlich zulassungsfrei, es sei denn, sie unterfallen der Therapieallergene-Verordnung (TAV). Für diese Therapieallergene gilt jedoch eine Übergangsregelung. Nach § 3 TAV dürfen Therapieallergene weiterhin ohne Zulassung in den Verkehr gebracht werden, sofern sie bei Inkrafttreten der TAV hergestellt wurden und unter Berücksichtigung der Vorgaben eine entsprechende Anzeige erfolgte und ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) veröffentlicht jährlich eine Liste der Therapieallergene, die zwar noch keine Zulassung haben, aber laut PEI verkehrsfähig und unter die Übergangsregelung fallen. Die Viactiv vertritt die Ansicht, dass diese Therapieallerge grundsätzlich nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfen, obwohl diese seit 2008 durch die TAV klar geregelt sind. Die Kassenärztliche Bundevereinigung hat zuletzt in einer Stellungnahme vom 16. März 2022 nochmals an alle Prüfstellen klargestellt, “dass nach der bestehenden Rechtslage Therapieallergene grundsätzlich zu Lasten der GKV verordnungsfähig sind – und zwar auch diejenigen, die unter die Übergangsregelung des § 3 der Therapieallergene-Verordnung fallen. Ein anderweitiges Verständnis ist ein bewusstes Missverstehen der TAV.”

 

Über den Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. (BVDD)

Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen e. V. (BVDD) ist der Zusammenschluss der in Deutschland niedergelassenen Hautärztinnen und Hautärzte zur Vertretung ihrer wirtschaftlichen und sozialpolitischen Interessen. Der BVDD hat rund 3.700 Mitglieder und setzt sich aktiv für verbesserte Rahmenbedingungen zur Versorgung hautkranker Menschen ein, fördert den Nachwuchs in der Dermatologie und beteiligt sich an den großen gesundheitspolitischen Diskussionen rund um Versorgungsinnovationen, medizinischen Fortschritt und neue Technologien wie Telemedizin, für die die Dermatologinnen und Dermatologen in Deutschland ungeschlagen die Vorreiterrolle innehaben. Zu den klassischen Aufgaben des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen gehören zudem Schulungen und Weiterbildungen für seine Mitglieder. Mehr unter: www.bvdd.de

 

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