Bislang ist die Liposuktion als Kassenleistung nur bei einem Lipödem im Stadium III und als befristete Ausnahmeregelung möglich. Die Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog und die Erweiterung auf die Stadie I und II hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seiner Sitzung Mitte Juli gefasst. Wissenschaftliche Grundlage sind erste Ergebnisse der vom G-BA veranlassten LIPLEG-Studie, deren Leiter PD Dr. Maurizio Podda, Direktor der Hautklinik Darmstadt, ist. Sie belegen, dass die operative Fettgewebsreduzierung deutliche Vorteile gegenüber einer alleinigen nichtoperativen Behandlung hat.
„Der Leidensdruck der Betroffenen war dem G-BA von Anfang an sehr bewusst. Eine frühere Entscheidung zum regulären und unbefristeten Leistungsanspruch war aber nicht möglich, da in die gesetzliche Krankenversicherung nur neue Leistungen im ambulanten Bereich aufgenommen werden dürfen, deren medizinischer Nutzen belegt ist. Schäden müssen zum Schutz für die Patientinnen ebenfalls ausgeschlossen sein“, erläuterte Dr. Bernhard van Treeck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzender des beschlussvorbereitenden Unterausschusses Methodenbewertung, nach der Entscheidung.
Da aber Potenzial für die Liposuktion gesehen worden sei, habe der G-BA eine Erprobungs-Studie zu Nutzen und Risiken anstoßen können. „Jetzt belegen die Ergebnisse dieser Studie, dass die Liposuktion einen Nutzen hat. Weitere wichtige Erkenntnisse, beispielsweise zur Notwendigkeit von Wiederholungseingriffen, werden noch erwartet“, so van Treeck weiter. Der G-BA sei ohnehin verpflichtet, neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Blick zu haben und Richtlinien gegebenenfalls anzupassen. Genau das würde umgesetzt, wenn die LIPLEG-Studie komplett abgeschlossen sei.
Qualitätssicherungs-Richtlinie
Vor einer Liposuktion als Kassenleistung muss unter anderem über einen Zeitraum von sechs Monaten eine konservative Therapie wie zum Beispiel Kompressions- und Bewegungstherapie kontinuierlich durchgeführt worden sein. Wenn trotzdem keine Linderung der Beschwerden eintritt und die weiteren Voraussetzungen gemäß der Qualitätssicherungs-Richtlinie zur Liposuktion bei Lipödem vorliegen, kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt eine Liposuktionsbehandlung verordnen – dann aber nicht selbst durchführen. Denn die Qualitätssicherungs-Richtlinie schreibt auch die strikte Trennung zwischen Diagnose und Durchführung der Operation vor.
EBM-Ziffer ab Januar 2026
Der G-BA legt die Beschlüsse nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vor. Sie treten nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Bevor die Liposuktion auch im Stadium I und II eine ambulante Kassenleistung ist, müssen vom Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Abrechnungsziffern im EBM festgelegt werden. Der G-BA geht davon aus, dass die EBM-Ziffern bis zum 1. Januar 2026 feststehen werden.
Anforderungen an die Qualitätssicherung der Liposuktion bei Lipödem (Quelle:KBV)
Diagnosestellung des Lipödems und Prüfung der Voraussetzungen für die Liposuktion:
- durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Innere Medizin und Angiologie, für Physikalische und Rehabilitative Medizin oder für Haut- und Geschlechtskrankheiten oder durch eine Fachärztin oder einen Facharzt mit Zusatz-Weiterbildung Phlebologie
- keine Gewichtszunahme in den sechs Monaten vor der Indikationsstellung zur Liposuktion
- bei BMI-Werten zwischen 32 kg/m² und 35 kg/m² nur bei einer Waist-to-Height-Ratio (WHtR) unterhalb altersentsprechender Grenzwerte
- bei BMI-Werten >35 kg/m² zunächst Behandlung der Adipositas
Indikationsstellung und Durchführung der Liposuktion:
- durch Fachärztinnen und Fachärzte für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, andere Fachärztinnen und Fachärzte des Gebiets Chirurgie sowie Fachärztinnen und Fachärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Qualifikationsnachweis vor erstmaliger Erbringung: selbstständige Durchführung in 50 oder mehr Fällen vor Inkrafttreten des Beschlusses oder Durchführung unter Anleitung in 20 oder mehr Fällen innerhalb von zwei Jahren
wha/BVDD