KBV-Vertreterversammlung: Ein klares „Ja, aber“ zum KV-System

Gesundheitspolitik

Strategie- und Forderungspapier verabschiedet

MAINZ - „Die Politik muss sich entscheiden: will sie den Abriss und Neubau oder die Sanierung des Altbaus?“ Vor der KBV-Vertreterversammlung ließ KBV-Chef Dr. Andreas Köhler keinen Zweifel daran, was die Präferenz seines Hauses ist: der Umbau des KV-Systems in eine zukunftsfähige, schlagkräftige und entscheidungsfähige Organisation.

Damit dies aber geschehen könne, verabschiedete die VV mit „Überwältigender Mehrheit bei einigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen“ (VV-Vorsitzender Dr. Andreas Hellmann) ein Strategie- und Forderungspapier. Kernpunkte hierin: Erhalt der Freiberuflichkeit ärztlicher und psychotherapeutischer Tätigkeit und klare, ordnungspolitisch sinnvolle Regeln für den Wettbewerb. Auf Antrag der KV Westfalen-Lippe um Dr. Ulrich Thamer wurde die KBV als Ergänzung beauftragt, „für den Fall einer unzureichenden Umsetzung der Forderungen durch die Politik Konsequenzen vorzubereiten“, wobei weder Thamer in seiner Antragsbegründung noch Köhler in der anschließenden Pressekonferenz schon konkretisieren konnten, wie diese Konsequenzen aussehen könnten.

In seiner Rede vor der VV hatte Köhler besonders den seit zehn Jahren geltenden „ungeordneten Wettbewerb“ mit Kollektiv- gegen Selektivverträge scharf kritisiert. Das Kollektivvertragsystem sei der Garant für freie Arztwahl, für die Solidarität im System, für Versorgungssicherheit und Versorgungsgerechtigkeit und bilde damit das Fundament für eine qualitativ hochwertige, flächendeckende Rund-um-Versorgung gesetzlicher Krankenversicherter. „Stein für Stein wurde mit der Abrissbirne des ungeordneten Wettbewerbs aus dem tragenden Fundament dieser Versorgung heraus gebrochen. Wenn dem nicht ein Ende gesetzt wird, wenn die fehlenden Steine nicht wieder sinnvoll eingefügt werden, dann ist der Einsturz nicht mehr zu verhindern.“, sagte Köhler. Eine auf Selektivverträgen beruhende Versorgung würde die Bildung von Versorgungsketten behindern und die Versorgungsgerechtigkeit gefährden, da die Leistungsinhalte unterschiedlich sein können, die Vergütungssystematik anders ist und andere Rahmenbedingungen gelten. Besonders das System des morbi-RSA gefährde die Versorgungsgerechtigkeit bei Selektivverträgen, so Köhler. „Es ist zu vermuten, dass Versorgungsverträge für Patienten mit RSA-fähigen Krankheiten relativ schnell auf den Markt kommen und diese Verträge attraktiv ausgestaltet werden. Patienten mit nicht-RSA-fähigen Krankheiten werden dagegen vernachlässigt.“ Ungerechtigkeit entstünde, weil viele Versicherte gar nicht in der Lage wären, aus einer Vielzahl von Vertragsmodellen das für sie günstigste auszuwählen.

Köhlers Fazit: die Grundversorgung, „und dazu zähle ich auch ausdrücklich die wohnortnahe fachärztliche Versorgung“ muss mit einem Kollektivvertrag sichergestellt werden, Selektivverträge könnten dann diese Grundversorgung ergänzen. Damit der Kollektivvertrag aber eine Zukunft habe, müsse die Politik den Forderungskatalog der KBV umsetzen. Die ärztliche Selbstverwaltung müsse ihre Gestaltungsspielräume zurückgewinnen. Dies gelte insbesondere auch in Hinsicht auf die Honorarverteilung. Mit Blick auf die bei der VV demonstrierenden Augenärzte sagte Köhler: „Ich habe es satt, zur Sau gemacht zu werden, ohne dass wir von GKV und BMG die Honorarverteilungshoheit zurückbekommen“.
Der KBV-Vorsitzende setze sich klar für einen ungeteilten Sicherstellungsauftrag an die KVen ein und erhielt dafür die Unterstützung der Vertreter. „Ein bisschen Sicherstellungsauftrag gibt es so wenig wie ein bisschen schwanger“, sagte die KV-Sachsen-Vorsitzende Dr. Ulrike Schwäblein-Sprafke.

Weitere Berichte von der KBV-Vertreterversammlung und eine Vorstellung des für den 29. Mai angekündigten Manifestes mit den Forderungen der Niedergelassenen lesen Sie in der Juli-Ausgabe von „Der Deutsche Dermatologe“