Hausärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser müssen bluten

Gesundheitspolitik

Bundesregierung setzt einmal mehr auf Kostendämpfung und höhere Beiträge

BERLIN - Unter dem Druck zunehmend schlechterer Umfragewerte und den Haushalt 2011 fristgerecht in das Parlament einzubringen, hat sich die Bundesregierung auf Eckpunkte für die künftige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung verständigt. Der Beitragssatz soll um 0,6 Beitragssatzpunkte steigen. Die Ausgaben für Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser und Pharmaindustrie werden 2011 um 3,5 Milliarden zusammengestrichen. Im Jahr 2012 sollen weitere 500 Millionen Euro, insbesondere bei den hausarztzentrierten Verträgen, eingespart werden.

Der Zuschlag zum GKV-Beitrag 2011 muss paritätisch – je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer – aufgebracht werden. Danach wird der Arbeitgeberanteil auf diesem  Niveau eingefroren.

 

Weitere Kostensteigerungen in der GKV sollen künftig allein über Zusatzbeiträge der Versicherten finanziert werden. Die für Zusatzbeiträge bislang geltende Obergrenze von 1 Prozent des Einkommens wird aufgehoben.


Mit dieser von der Bundesregierung als „Weiterentwicklung des Zusatzbeitrags“ bezeichneten Neuregelung erhalten die Kassen einen Teil ihrer vormaligen Beitragsautonomie zurück. Die Krankenkassen legen in Zukunft die Höhe des Zusatzbeitrags selbst fest.


Übersteigt der vom Bundesversicherungsamt ermittelte durchschnittliche Zusatzbeitrag aller GKV-Kassen zwei Prozent des Lohneinkommens, erhalten Betroffene einen steuerfinanzierten Ausgleich. Abgewickelt wird der Sozialausgleich direkt über die Arbeitgeber, indem der einkommensabhängige Beitrag, den der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer an die GKV abführt, entsprechend vermindert wird.

Eine Steuererhöhung zur Deckung der aus diesem Verfahren resultierenden  Fehlbeträge in der GKV  ist nach Auffassung von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler jedoch zumindest vorerst nicht erforderlich. Nach einer Modellrechnung des Ministeriums werden die Extrabeiträge bis in das Jahr 2014 hinein so gering ausfallen, dass zunächst kein Sozialausgleich notwendig sein wird. In den Folgejahren ist dem Minister zufolge davon auszugehen, dass der Steuerzuschuss für den Sozialausgleich jährlich weniger als einer Milliarde Euro betragen wird. Im Jahr 2011 übernimmt der Bund einen Zuschuss von rund 2 Milliarden Euro als „einmalige“ Finanzspritze.


Bundesgesundheitsminister Rösler betrachtet das nun vorliegende Konzept als den Einstieg in eine langfristige Neuausrichtung der GKV-Finanzierung. Mit dem Kompromiss könnten alle Seiten leben, sagte er bei der Präsentation des Beratungsergebnisses in Berlin.


„Die Verwaltungskosten der Kassen dürfen in den nächsten beiden Jahren im Vergleich zum Jahr 2010 nicht weiter ansteigen“, heißt es in dem Eckpunktepapier.

 

Mehrleistungen von Krankenhäusern über das vertragliche vereinbarte Volumen hinaus werden mit 30 Prozent abgestaffelt.

 

Die Steigerung der Gesamtkosten für den Krankenhaussektor wird auf die halbe Grundlohnsummensteigerung begrenzt. Das gilt auch für die kassenzahnärztliche Vergütung, jedoch offenbar nicht für die vertragsärztlichen Honorare.


Zugleich wird, so das Eckpunktepapier, „das Vergütungsniveau in der hausarztzentrierten Versorgung begrenzt“. Neue Verträge sollen keine finanziellen Anreize mehr für die Leistungserbringer beinhalten, die über eine selektivvertragliche Regelung hinausgehen. Sie werden mit anderen Worten im Zuge der "Bereinigung" aus dem eigenen hausärztlichen Honorartopf – für die Krankenkassen kostenneutral – gegenfinanziert.


Die von einigen Krankenkassen und Gesundheitspolitikern vehement geforderte Abschaffung der Verpflichtung der Kassen, eine Versorgung nach §73b SGB V anzubieten, ist offenbar vom Tisch. Im Gegenteil: „Es gilt Vertrauensschutz für Verträge, die bis zum Kabinettsschluss rechtsgültig sind.“

 

Mehr zum neuen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung in der Augustausgabe der BVDD-Mitgliederzeitschrift DER DEUTSCHE DERMATOLOGE.

 

Das Eckpunktepapier können Sie hier auf Uptoderm weiter unten herunterladen.