Experten fordern mehr Mittel für Prävention

Gesundheitspolitik

8. Eppendorfer Dialog zu Gesundheitspolitik

HAMBURG - Birgit Fischer, Vorstandsvorsitzende der Barmer-GEK, fordert verstärkte Anstrengungen in der Vorsorge, um die Entstehung von schweren und chronisch verlaufenden Erkrankungen zu verhindern. „Der demographische Wandel wird den Versorgungsbedarf der Menschen deutlich verändern. Um dieser Situation gewachsen zu sein, müssen die Anstrengungen, Krankheiten zu vermeiden oder in ihrer Schwere zu mindern, ein größeres Gewicht erhalten,“ forderte Fischer beim 8. Eppendorfer Dialog eine neue Weichenstellung in der Ausgabenpolitik der gesetzlichen Krankenversicherung.


Nach Darstellung der Barmer GEK-Vorstandsvorsitzenden können die für Prävention in Zukunft erforderlichen Mittel nicht allein durch Umschichtungen aus den Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebracht werden. Vielmehr sollten die Krankenkassen nach Fischers Auffassung wieder die Möglichkeit erhalten, über selbst festzusetzende höhere Beitragssätze die dazu notwendigen Finanzmittel einzunehmen.

Die Politik verschließe die Augen „vor den größten Gesundheitpolitischen Problemen der kommenden Jahre“ beklagte Dr. Thomas Sauermann, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses "Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation" der Bundesärztekammer, ein Dilemma. Der Anteil der Über-65jährigen an der Gesamtbevölkerung steige in den kommenden Jahrzehnten rasant, gleichzeitig nähmen die gesundheitlichen Schwierigkeiten zu, die auf einen ungesunden Lebensstil wie Übergewicht und Bewegungsmangel zurückzuführen sind.

 

„Gesundheitsförderung und Prävention müssen die Antworten auf die anstehenden Probleme unseres Gesundheitssystems sein,“ forderte der Göttinger Mediziner. Tatsächlich gaben nach Suermanns Berechnungen die gesetzlichen Krankenkassen zuletzt lediglich 4,83 Euro je Versichertem jährlich für Vorsorgemaßnahmen aus.

„Die Präventionskultur unserer Vorfahren ist uns weitestgehend abhanden gekommen“, legte auch der Leiter der Dialogveranstaltung, der Hamburger Dermatologe und Versorgungsforscher Prof. Matthias Augustin, den Finger in die Wunde. Europaweit bedingten sieben verhaltensbedingte Risikofaktoren (von Tabakkonsum bis hin zu Bewegungsmangel und unzuträglichen Ernährungsgewohnheiten) 60 Prozent der Gesamterkrankungen. Die wenigsten Auslöser eines Myokardinfarkts beispielsweise seien über Arzneimittel beeinflussbar, die meisten aber durchaus über Verhalten.

Im internationalen Vergleich sticht Japan nach Augustins Recherchen mit der höchsten Lebenserwartung bei zugleich höchster Lebensqualität und geringen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben positiv hervor. Dahinter stecken nach Darstellung des Hamburger Versorgungsforschers Präventionsmaßnahmen der 1960er Jahre, die ein tradiertes Verhalten der moderaten Ernährung und ausgleichender Bewegung anstelle von Wohlstandskonsum institutionalisiert haben.


Mehr vom 8. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik in der BVDD-Zeitschrift DER DEUTSCHE DERMATOLOGE