Arbeitsunfähigkeit Krankengeld trotz verspäteter Krankschreibung

KasselRechtliches

Eine gesetzliche Krankenkasse darf Versicherten, die rechtzeitig den Arzt aufsuchen, nicht das Krankengeld verweigern, wenn der Arzt den Krankenschein für ein Folgeattest zu einer weiter bestehenden Arbeitsunfähigkeit (AU) verspätet ausstellt. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Der Entscheidung lagen zwei Verfahren zugrunde. In dem einen war ein Hausarzt der Meinung, der Klägerin brauche am letzten Tag der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht erneut ein Krankenschein ausgestellt zu werden, weil dies bei einem am Folgetag vereinbarten Termin bei einer Fachärztin ohnehin erfolgen werde, was auch geschah. Da die Frau zwi­schenzeitlich ihre Arbeit verloren hatte, stellte die Krankenkasse ihre Zahlungen ganz ein. In dem anderen Verfahren (Az. B 3 KR 12/16 R) hatte der Arzt angegeben, es sei „leider verpasst“ worden, eine AU-Bescheinigung auszustellen, gleichzeitig bejahte er nachträglich die durchgehende AU. In diesem Fall hat die beklagte Krankenkasse den Anspruch des Versicherten anerkannt.

Das Weiterzahlen des Krankengeldes hängt laut BSG nach den gesetzlichen Vorschriften in der bis 22. Juli 2015 geltenden Fassung davon ab, dass am letzten Tag der bestehenden AU diese für die Folgezeit erneut ärztlich festgestellt wird. Schon bisher war aber ausnahmsweise Krankengeld zu zahlen, wenn der Arzt das AU-Folgeattest aufgrund einer medizinischen Fehlbeurteilung nicht erstellt, der Versicherte aber selbst „alles in seiner Macht Stehende getan“ hatte, so das BSG.

Das höchste deutsche Sozialgericht hat nun entschieden, dass eine Krankenkasse Krankengeld ausnahmsweise auch dann zahlen muss, wenn die Fehleinschätzung des Arztes über die Notwendigkeit einer AU-Bescheinigung auf nichtmedizinischen Gründen beruht. Auch der Arzt müsse nicht haften, denn nach einer AU-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) könne eine Krankschreibung sogar eine Woche zurückwirken. Dass dies nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, müsse ein Arzt nicht zwingend wissen.

 

BSG, 11.5.2017, Az. B 3 KR 22/15 R