Arbeitsvertrag Sachgrundlose Befristung: Auch nach acht Jahren unzulässig

ErfurtPraxismanagement

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nicht zulässig ist, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa eineinhalbjähriger Dauer bestanden hat und die Tätigkeit mit der ersten Beschäftigung vergleichbar ist.

In dem zugrunde liegenden Fall war der Kläger vom März 2004 bis September 2005 als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig. Mit Wirkung im August 2013 stellte die Beklagte den Kläger erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28. Februar 2014 als Facharbeiter ein. Die Parteien verlängerten die Vertragslaufzeit mehrfach, zuletzt bis zum 18. August 2015. Mit seiner Klage wollte der Kläger die Feststellung erreichen, dass sein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht geendet hat.

Er hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Nach den gesetzlichen Vorgaben ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Im Jahr 2011 hatte das BAG zwar entschieden, dass dies nicht für solche Vorbeschäftigungen gelte, die länger als drei Jahre zurückliegen. Diese Rechtsprechung kann jedoch aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juni 2018 (Az.: 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) nicht aufrechterhalten werden. Nach Ansicht der Richter des BVerfG hat das BAG durch die Annahme, eine sachgrundlose Befristung sei nur dann unzulässig, wenn eine Vorbeschäftigung weniger als drei Jahre zurückliege, die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben überschritten, weil der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit erkennbar nicht regeln wollte.

Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des BVerfG den Anwendungsbereich einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist. Dies gilt zum Beispiel, wenn die Gefahr einer Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.

Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend nicht, insbesondere lag das vorangegangene Arbeitsverhältnis acht Jahre und damit nicht sehr lang zurück.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Befristung im Vertrauen auf die im Jahr 2011 ergangenen Entscheidungen des BAG vereinbart zu haben. Sie musste bei Abschluss der Verträge mit dem Kläger jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die vom BAG vorgenommene verfassungskonforme Auslegung der Norm vor dem BVerfG keinen Bestand haben könnte.

 

BAG, 23.1.2019, Az.: 7 AZR 733/16