Zeitprofile Plausibilitätszeiten können nicht unterschritten werden

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Das Hessische Landessozialgericht hat entschieden, dass Vertragsärzte bei der Überschreitung von Plausibilitätszeiten mit der Begründung, sie arbeiten schneller als die Kollegen, keine Chance haben, Honorarrückforderungen der Kassenärztlichen Vereinigung abzuwenden.

Im zugrundeliegenden Fall verlangte die KV Hessen rund 170.000 Euro von einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie zurück, weil er in den Jahren 2009 bis 2011 die Tages- und Quartalszeitprofile erheblich überschritten hatte. So wurde beispielsweise das Tageszeitprofil von zwölf Stunden im Jahr 2008 an 128 Tagen nicht eingehalten. Vom 1. Quartal 2009 bis zum 4. Quartal 2011 zählte die KV sogar Überschreitungen an insgesamt 480 Tagen. In einzelnen Fällen erreichte die tägliche Arbeitszeit des Arztes sogar bis zu 30 Stunden. 

Grund für die Zeitüberschreitungen waren hauptsächlich Akupunkturleistungen nach den EBM-Ziffern 30790 und 30791 mit Zeitprofilen von 30 beziehungsweise zehn Minuten. Der Arzt rechtfertigte seine Akupunkturleistungen damit, dass er ein äußerst erfahrener und routinierter Arzt sei. Kollegen mit wenigen Kenntnissen in der traditionellen chinesischen Medizin müssten bei der Akupunktur einen solchen Zeitaufwand betreiben, wie in den Zeitprofilen festgelegt sei. Bei ihm gehe das alles schneller. Zumal das präzise Positionieren von Akupunkturnadeln in der Schmerztherapie schon aus Rücksicht auf die Patienten rascher erfolgen sollte. Die Schmerztoleranz könnte sonst leicht überschritten werden. Zudem wies der Arzt darauf hin, dass seine Praxis auf Akupunkturbehandlungen spezialisiert sei. Sein Personal verfüge dementsprechend über eine hohe Qualifikation, auch seien seine Praxisabläufe gut organisiert. Er habe sieben Behandlungsräume, in denen gleichzeitig Patienten therapiert werden könnten. 

Das beurteilten die Richter anders. Bei den Prüfzeiten handelt es sich nämlich nicht um Durchschnitts-, sondern um „Mindestzeiten, die ein Vertragsarzt für die Erbringung der jeweiligen Leistung mindestens benötigt“. Diese seien „so bemessen, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann“. Das Honorar durfte also gekürzt werden. 

 

LSG Hessen, 13.9.2017, Az. L 4 KA 65/14