Datenschutz Videoüberwachung in der Arztpraxis ist unzulässig

LeipzigRechtliches, Praxismanagement

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass eine Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis, die ungehindert betreten werden kann, strengen Anforderungen an die datenschutzrechtliche Erforderlichkeit unterliegt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist Zahnärztin. Ihre Praxis kann durch Öffnen der Eingangstür ungehindert betreten werden; der Empfangstresen ist nicht besetzt. Die Klägerin hat oberhalb dieses Tresens eine Videokamera angebracht. Die aufgenommenen Bilder können in Echtzeit auf Monitoren angesehen werden, die die Klägerin in Behandlungszimmern aufgestellt hat (sogenanntes Kamera-Monitor-System). Die beklagte Landesdatenschutzbeauftragte gab der Klägerin unter anderem auf, die Videokamera so auszurichten, dass der Patienten und sonstigen Besuchern zugängliche Bereich vor dem Empfangstresen, der Flur zwischen Tresen und Eingangstür und das Wartezimmer nicht mehr erfasst werden. Die von der Zahnärztin daraufhin erhobene Klage war erfolglos.

Auch das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision der Zahnärztin zurück. Nach der zum Zeitpunkt der Videoüberwachung geltenden Bestimmung des § 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes in der alten Fassung setzte die Beobachtung durch ein Kamera-Monitor-System auch ohne Speicherung der Bilder voraus, dass diese zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Privaten erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht überwiegen. Die Zahnärztin hat im Verfahren nicht dargelegt, dass sie für den Betrieb ihrer Praxis auf die Videoüberwachung angewiesen ist.

Es bestehen auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die ihre Befürchtung, Personen könnten ihre Praxis betreten, um dort Straftaten zu begehen, berechtigt erscheinen lassen. Die Videoüberwachung ist nicht notwendig, um Patienten, die nach der Behandlung aus medizinischen Gründen noch einige Zeit im Wartezimmer sitzen, in Notfällen betreuen zu können. Schließlich sind die Angaben der Klägerin, ihr entstünden ohne die Videoüberwachung erheblich höhere Kosten, völlig pauschal geblieben. Die Videoüberwachung war daher unzulässig.

Die Richter waren auch der Ansicht, dass die seit 25. Mai 2018 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar geltende Datenschutz-Grundverordnung keine Anwendung auf datenschutzrechtliche Anordnungen findet, die – wie im vorliegenden Fall – vor diesem Zeitpunkt erlassen worden sind. Entscheidungen, die vor diesem Stichtag getroffen wurden, werden nicht nachträglich an diesem neuen unionsrechtlichen Regelungswerk gemessen.

 

BVerwG, 7.3.2019, Az.: BVerwG 6 C 2.18