Probezeit Kurze Kündigungsfrist ausdrücklich nennen

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Wird in einem Arbeitsvertrag in einer Klausel eine Probezeit und in einer anderen Klausel eine Kündigungsfrist festgelegt, ohne dass deutlich wird, dass diese erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, können Arbeitgeber auch in der Probezeit nicht kurzfristiger – etwa innerhalb von zwei Wochen – kündigen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) aufgrund des folgenden Falles entschieden.

Der Kläger arbeitet bei der Beklagten als Flugbegleiter. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den der Arbeitgeber vorformuliert hatte, wurde eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, ohne zu erwähnen, dass während der Probezeit eine kürzere Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt. Allerdings gab es einen Hinweis auf einen anwendbaren Manteltarifvertrag, der während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vorsah. Daneben war im Arbeitsvertrag im gesonderten Punkt „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ ohne weiteren Bezug auf vorherige Regelungen (z. B. zur Probezeit) vereinbart worden, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte.

Während der Probezeit kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich mit einer Frist von zwei Wochen. Dagegen wehrte sich der Kläger und führte aus, dass er nur mit einer sechswöchigen Frist hätte gekündigt werden können. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht, das die Klage abwies.

Das Landesarbeitsgericht änderte jedoch auf die Berufung des Klägers das Urteil und gab der Klage statt. Dies wurde vom BAG bestätigt. Die Richter waren zwar der Ansicht, dass das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden, wenn der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vorsieht. „Ist jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.“

Die Richter wiesen darauf hin, dass die Bestimmungen des vorformulierten Arbeitsvertrags als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen sind, „wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht.“ Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lasse die Vertragsgestaltung wie die im verhandelten Fall nicht erkennen, „dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt“. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags sei vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gelte auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

 

BAG, 23.3.2017, Az. 6 AZR 705/15