Ausgabe 05/2018 • Sexuell übertragbare Infektionen Syphilis ist wieder auf dem Vormarsch

KÖLN (abd) – Syphilis? Das scheint eine längst vergessene Geschlechtskrankheit. Doch die sexuell übertragbare Infektion ist heute wieder auf dem Vormarsch. Ob im Urlaub oder in heimischen Gefilden: Um sich zu schützen, ist Safer Sex angesagt! Und wer fürchtet, sich angesteckt zu haben, sollte sich nicht scheuen, einen Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten aufzusuchen.

Die Syphilis (Lues) zählt zu den „klassischen“ Geschlechtskrankheiten. Die Erkrankung wird durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht.
Der Erreger kann beim Sex mit einem infizierten Partner über kleinste Verletzungen der Schleimhäute oder der Haut in den Körper eindringen. Unbehandelt verläuft die Erkrankung in mehreren Stadien, zwischen denen lange Phasen ohne Krankheitszeichen liegen können: Zunächst bildet sich an der Eintrittsstelle des Bakteriums ein schmerzloses, hartes Knötchen, aus dem sich ein Geschwür entwickelt. Dies kann nicht nur an den Genitalien, sondern je nach Sexualpraktik auch am After, an den Lippen sowie im Mund- oder Rachenbereich auftreten. Das zweite Stadium, in dem sich der Erreger im Körper ausbreitet, kann sich durch Fieber, Müdigkeit, Kopf-, Gelenk- oder Muskelschmerzen ankündigen. Es kommt zu Schwellungen der Lymphknoten, Hautausschlägen am Oberkörper,
den Handflächen oder Fußsohlen und manchmal auch zu Haarausfall. Im Spätstadium können knotige Veränderungen an der Haut und anderen Organen auftreten, Gehirn und Blutgefäße können schwer geschädigt werden.
Die Syphilis kann heute mit Antibiotika behandelt werden. Dank der Entwicklung und breiten Verfügbarkeit des Penicillins verlor die Syphilis im 20. Jahrhundert viel von ihrem Schrecken. Ende der 1990er Jahre erreichte die Häufigkeit in Deutschland mit rund 1.100 Fällen jährlich
ihren Tiefststand. Doch seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist ein erneuter Anstieg zu verzeichnen. In Deutschland besteht für Labore die Pflicht, den Nachweis von Syphilis-Erregern nicht-namentlich an das Robert Koch- Institut zu melden. Zwischen 2009 und 2015 hat sich die Zahl der Syphilis- Meldungen um 149 Prozent erhöht. Auch im Jahr 2016 stieg die Zahl der Meldungen weiter an und lag bei 7.178 Fällen, 2017 wurden mehr als 7.400 Fälle gemeldet.
Dieser Anstieg sei vor allem auf eine „neue Sorglosigkeit“ zurückzuführen, erklärt Dr. Heinrich Rasokat, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Köln. Ende der 1980er Jahren habe die Angst vor AIDS das Sexualverhalten verändert. Dadurch ging auch die Häufigkeit anderer sexuell übertragbarer Infektionen (STI) zurück. „Seit HIV-Infektionen gut behandelbar sind, hat die Achtsamkeit nachgelassen und Kondome sind keine Selbstverständlichkeit mehr“, so Dr. Rasokat. Unbekümmertheit und Unwissenheit erhöhen das Risiko, sich beim Sex mit Syphilis und anderen STI anzustecken. Außer beim Sex kann die Infektion auch von einer schwangeren Frau auf ihr ungeborenes Kind übertragen werden.
„Die Syphilis ist heute vor allem eine Männerkrankheit“, erklärt Dr. Rasokat. Nahezu 94 Prozent der 2016 gemeldeten Fälle betrafen Männer. Ein Großteil wurde durch sexuelle Kontakte zwischen Männern übertragen. Doch jeden kann es treffen: Immerhin 17 Prozent der Infektionen
wurden wahrscheinlich auf heterosexuellem Wege erworben. „Häufige Partnerwechsel erhöhen das statistische Risiko, sich anzustecken“, erläutert Dr. Rasokat. Doch bereits ein einmaliger ungeschützter Sexualkontakt kann zu einer Übertragung führen.
Kondome sind die wichtigste Maßnahme, um sich vor einer Infektion
mit Treponema pallidum und anderen STI zu schützen. Die korrekte Verwendung von Kondomen ist sowohl beim Vaginal- als auch beim Anal- und Oralsex wesentlich. „Bei Sex außerhalb von Partnerschaften, in denen sich beide Partner treu sind, sollten stets vorsorglich Kondome verwendet werden“, rät Dr. Rasokat. Das sei kein Zeichen für Misstrauen, sondern für Verantwortungsbewusstsein.
Wer Anzeichen wie ein Knötchen, ein Geschwür oder unklare Hautveränderungen entdeckt, sollte baldmöglichst einen Dermatologen aufsuchen. „Das sollte niemandem peinlich sein – der Dermatologe ist
als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten vertraut mit dieser STI“, betont Dr. Rasokat. Früh erkannt, kann die Syphilis durch eine Antibiotika-Therapie geheilt werden. Die Behandlung dient nicht nur
der eigenen Gesundheit, sondern ist auch ein Beitrag zu Safer Sex und verhindert, andere anzustecken. Mit dem Dermatologen sollte auch besprochen werden, wie lange bei einer Infektion auf Sex zu verzichten ist. Erkrankte sollten sich auch nicht scheuen, bisherige Sexualpartner und -partnerinnen zu informieren – diese sollten unbedingt ebenfalls untersucht und gegebenenfalls behandelt werden.