OTC-Ausnahmeregelung Der Bundesausschuss schafft Rechtssicherheit

BonnGesundheitspolitik

Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss jetzt verabschiedete Ausnahmeregelung für apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel schafft Rechtssicherheit bei der Umsetzung des seit 1. Januar geltenden neuen Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie beendet zugleich die bis 31. März geltende Übergangsfrist, in der der Arzt auf eigenes Regressrisiko im Einzelfall Ausnahmen vom Erstattungsausschluss dieser Medikamentengruppe durch die gesetzlichen Krankenkassen machen konnte.

Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bleiben nach § 31 SGB V generell von der Versorgung ausgeschlossen, stellt der GBA zur Rechtsgrundlage seiner Entscheidung klar. Lediglich gesetzlich krankenversicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen bleiben generell von dieser Bestimmung ausgenommen.

Bei allen übrigen gesetzlich Krankenversicherten ist die Verordnung dieser Arzneimittel nach § 34 Abs. 1 Satz 2 lediglich ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Als schwerwiegend definiert der GBA eine Krankheit, „wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt”.
Weiter stellt der GBA klar: „Ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.”

Demnach können in der Dermatologie ab 1. April generell wieder folgende Verordnungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen werden:

  • Nyastin nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten
  • Salicylsäurehaltige Zubereitungen (Schälmittel) in der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme
  • Antihistaminika 
    - nur in Notfallsets zur Behandlung bei Bienen-, Wespen-, Hornissengift-Allergien 
    - nur zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticarien 
    - nur bei schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus
  • Antimykotika nur zur Behandlung von Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum
  • Jod-Verbindungen nur zur Behandlung von Ulcera und Dekubitalgeschwüre
  • Zinkverbindungen als Monopräparat nur zur Behandlung der enteropathischen Akrodermatitis

Harnstoffpräparate und Basisdermatika müssen chronisch Hautkranke wie Psoriatiker und Neurodermitis-Patienten demnach auch im Zuge einer Langzeit-Intervalltherapie in Zukunft selbst zahlen. Reaktionen hierzu können Sie in unserer Rubrik Hautgesund lesen.
Grundsätzlich gilt auch für die Ausnahmeregelung der Grundsatz, dass der Vertragsarzt nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten des Versicherten nur dann verordnen soll, wenn sie zur Behandlung einer Erkrankung medizinisch notwendig, zweckmäßig und ausreichend sind. In diesen Fällen kann demnach, wie der GBA ausdrücklich betont „die Verordnung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels unwirtschaftlich sein”.

Die vom GBA getroffenen Ausnahmeregelungen sind nur für die genannten Standardtherapeutika zur Behandlung der namentlich genannten schwerwiegenden Erkrankungen zulässig. Sie gelten wie der GBA-Vorsitzende Dr. Rainer Hess vor Presse, Rundfunk und Fernsehen in Bonn betonte „enumerativ”. Das heißt im Klartext: Die jetzt getroffenen Festlegungen sind nicht übertragbar auf vergleichbare Krankheitsfälle und ähnlich wirkende Substanzen.
Weiter legte der GBA fest, dass der Arzt die Verordnung der Arzneimittel in den genannten Fällen in der ärztlichen Dokumentation durch Angabe der entsprechenden Diagnose begründen muss.