Spezialärztliche Versorgung bringt Praxen unter Druck

Gesundheitspolitik

KV-Chef Hermann warnt vor Verdrängungswettbewerb

BREMEN - Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KVHB), der Hautarzt Dr. Jörg Hermann, sieht die medizinische Versorgung im kleinsten deutschen Bundesland in Gefahr – paradoxerweise durch das geplante neue Versorgungsgesetz der Bundesregierung.


"Der Facharzt um die Ecke ist auf kurz oder lang passé, Behandlung findet dann nur noch in Krankenhäusern statt", fürchtet Hermann, der als Hautarzt in einer Bremer Gemeinschaftspraxis tätig ist. "Was für die Patienten auf den ersten Blick gut aussieht, entpuppt sich nämlich als hässliche Kröte", zitiert ihn der Weser Kurier.


Konkreter Anlass für die harsche Kritik ist der Plan, eine neue spezialärztliche Versorgungsebene zu schaffen. Sie stellt die Schnittstelle zwischen stationärer und ambulant-fachärztlicher Versorgung dar, an der in Zukunft verstärkt Patienten mit schweren und seltenen Erkrankungen behandelt werden.
"In der Theorie sollen diese Aufgabe Ärzte aus Klinik und Praxis übernehmen, praktisch wird dieser Bereich aber den Krankenhäusern vorbehalten sein", verweist Hermann auf die neue Regelung im §116b des fünften Sozialgesetzbuchs im nun vorliegenden Gesetzentwurf. "Niedergelassene Fachärzte haben keine Chance, zu bestehen. Als selbstständige Kleinunternehmer konkurrieren sie mit großen Kliniken, die zu allem Überfluss auch noch finanziell gefördert werden."


Hintergrund ist der Streit um das neue Klinikum der Hansestadt. Der geplante Neubau gilt als eines der größten Krankenhaus-Bauvorhaben Deutschlands. Übereinstimmend wenden sich die Bremer KV und die AOK Bremen gegen die Finanzierungsmodalitäten, wie dies in Bremen vorgesehen ist.

 

Das Krankenhausfinanzierungsgesetz sieht vor, dass das Land und die Kommune für die Kosten aufkommen müssen. In Bremen soll jedoch der Klinikverbund Gesundheit Nord die notwendigen Kredite in Höhe von 220 Millionen Euro schultern. Letztlich zahle damit der Beitragszahler zur gesetzlichen Krankenversicherung die Kosten, argumentieren die Gegner, darunter auch Dr. Hermann.