Schluss mit der Mengenbegrenzung für medizinisch notwendige Leistungen!

Gesundheitspolitik

Der Patient soll wieder im Mittelpunkt des Gesundheitswesens stehen

BERLIN - Die im "Aktionsbündnis Wähle gesund!" zusammengeschlossenen Facharzt-, Patienten- und Versichertenvertreter haben zehn Tage vor der Bundestagswahl die Kandidaten dazu aufgerufen, die Kranken in der kommenden Legislaturperiode wieder in den Mittelpunkt aller Reformpläne der gesetzlichen Krankenversicherung zu stellen. Die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP), der Deutsche Facharztverband (DFV), die Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände (GFB), die Berufsverbände der Frauenärzte (DFV), der Hautärzte (BVDD), der Nervenärzte (BVDN), der Orthopäden und Unfallchirurgen (BVOU) haben für die Wähler zugleich folgende Orientierungshilfe in gesundheitspolitischen Fragen herausgegeben.

Das "Aktionsbündnis "Wähle gesund!" fordert:

  1. Ausbau der Selbstbestimmungsrechte und der Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger im Gesundheitswesen.
  2. Wegfall von Mengenbegrenzungen und Regressdrohungen in der Patientenversorgung für medizinisch notwendige Leistungen.
  3. Erhalt und Ausbau der freiberuflich tätigen Medizin, Stopp der Konzentration auf Versorgungszentren in Händen von Kapitalgesellschaften.
  4. Vorfahrt für eine hochwertige wohnortnahe ambulante Medizin, Erhalt der ambulanten fachärztlichen Versorgung als eine der tragenden Säulen des bundesdeutschen Gesundheitswesens mit gesetzlicher Bestandsgarantie im Rahmen eines Absatzes §73e im Sozialgesetzbuch V.
  5. Beseitigung des Innovationsstaus in der ambulanten fachärztlichen Versorgung von gesetzlich krankenversicherten Patienten, Abbau von Wartezeiten für Patienten
  6. Nachhaltige und bedarfsorientierte Finanzierung des Gesundheitssektors mit einer dem tatsächlichen Aufwand entsprechende Vergütung für sämtliche Berufsgruppen und Institutionen der ambulanten und stationären Versorgung.
  7. Abbau von Verwaltungsaufwand und unproduktiver Bürokratie.
  8. Regionalisierung der Versorgungsstrukturen und Abbau von zentralistischer Überregulierung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Frank Walter Steinmeier waren sich in ihrem Wahlkampfduell vor laufenden Kameras einig. Niemand solle wegen seiner Kassenzugehörigkeit, seines Alters oder seiner Herkunft von einer hochwertigen medizinischen Versorgung ausgeschlossen bleiben.


Tatsächlich haben Patienten im Rahmen des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung einen scheinbar uneingeschränkten Leistungsanspruch. Von einer flächendeckend einheitlichen Versorgung der Bevölkerung und einem uneingeschränkten Zugang zu allen Versorgungsebenen des Gesundheitswesens kann dennoch heute längst keine Rede mehr sein.

 

Auf dem Land und vor allem im Deutschen Osten sterben die wohnortnahen Facharztpraxen aus. Der Gesetzgeber versucht, durch die Pflicht zu hausarztzentrierten Versorgungsverträgen, die Inanspruchnahme von Fachärzten zu "steuern".


Um den erhöhten und besonderen Versorgungsbedarf bei bestimmten Erkrankungen besser darstellen zu können, sind so genannte Disease Managmentprogramme eingeführt worden, andere - auch schwer und chronisch kranke Patienten - müssen sich mit der Standardbehandlung a la Kasse zufrieden geben.


Mit der Einführung so genannter Regelleistungsvolumen in der gesetzlichen Krankenversicherung soll die Leistungsmenge begrenzt werden, wie das Gesundheitsministerium erläutert. Es stellt somit eine Fortsetzung der alten Budgetierung dar - und dies bei drastischer Steigerung der Beitragssätze für die Mehrzahl der gesetzlich Krankenversicherten mit Einführung des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009.


Eine überbordende Bürokratie verstärkt den Druck auf den Arzt, die Leistungsausgaben für seine Kassenpatienten einzuschränken. Bundesärztekammerpräsident Prof. Jörg Dietrich Hoppe fordert seit Jahre, die verschämte Rationierung medizinischer Leistungen öffentlich zu machen und in einen offenen Dialog über die nötige Priorisierung des medizinischen Versorgungsangebots einzutreten. Die politische Debatte über eine enger gefasste medizinische Grundversorgung gehen in diese Richtung.


Hinzu kommen regional erhebliche Verwerfungen infolge der Regelleistungssystematik. Seit Monaten sind massive regionale Proteste und Praxisschließungen die Folge, bislang ohne greifbares Ergebnis.
Verschärft werden die offensichtlichen Limitierungen durch die absehbare demografische Entwicklung.

 

Bislang ist der Anteil der Gesundheitskosten über zwei Jahrzehnte nahezu stabil bei 10-11 Prozent des Bruttoinlandsproduktes geblieben. Eine älter werdende Bevölkerung wird angesichts der altersbedingten Steigerung der Morbidität nur noch deutlich schlechter versorgt werden als heute, wenn die Gesundheitsausgaben auf diesem Niveau eingefroren bleiben.

 

Die Kampagne "Wähle gesund!" macht die bislang im Wahlkampf ausgeblendeten Mängel und Defizite der aktuellen Gesundheitspolitik öffentlich.

Die "Kampagne "Wähle gesund!" fordert einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik.