GKV-Spitzenverband: Flächendeckende Überversorgung mit Fachärzten

Gesundheitspolitik

KBV und NAV-Virchow-Bund werfen Kassen Falschaussagen vor

BERLIN - Nach Ansicht des GKV-Spitzenverbandes herrscht in Deutschland eine flächendeckende Überversorgung an Fachärzten. Außerdem werfen die Kassen den Ärzten vor, durch absichtlich übertriebene Diagnosen das Morbiditätsrisiko zu erhöhen und damit die Honorare in die Höhe zu treiben. Ärztefunktionäre reagieren empört.

Mangelndes Interesse an den Bedürfnissen der 70 Millionen Versicherten wirft die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) dem GKV-Spitzenverband vor. „Das Problem des Ärztemangels ist in der Gesellschaft und in der Politik angekommen – nur nicht bei den Krankenkassen“, hielt Dr. Andreas Köhler in seiner letzten Presseerklärung dem GKV-Spitzenverband entgegen. Der Spitzenverband leiste einen Bärendienst, wenn es darum gehe, junge Mediziner für die Niederlassung zu gewinnen. Die Aussagen der Kassenfunktionäre seien falsch. „Wir stehen vor der Herausforderung, dass die Nachfrage nach medizinischen und psychotherapeutischen Leistungen auf Grund der demographischen Entwicklung unserer Gesellschaft steigen wird“, so Köhler.

 

Er forderte die Kassenseite auf, „endlich einen konstruktiven Beitrag zu leisten, um den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten verlässliche Rahmenbedingungen mit festen Preisen zu ermöglichen.“ Die Flatrate-Mentalität nach dem Kassenmotto „Viele Leistungen zum kleinsten Preis“ müsse der Vergangenheit angehören.

 

Köhler konterte damit die Behauptung des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, in Deutschland gebe es bei den Fachärzten „praktisch flächendeckend eine Überversorgung“. Zudem liege das Einkommen niedergelassener Ärzte mit durchschnittlich 166.000 Euro brutto auf einem Rekordniveau und weit über dem Durchschnitt der Bevölkerung, so die Kassen. Gleichzeitig bemängelte der GKV-Spitzenverband die Kodierungen für die Analyse des Morbiditätsrisikos. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn Diagnosen übertrieben aufgeschrieben werden, um mehr Honorar für die Ärzteschaft herauszuholen“, erklärte von Stackelberg. Es habe sich gezeigt, dass die von den Ärzten selbst aufgeschriebenen Diagnosen keine geeignete Basis für die Steigerung der ärztlichen Vergütung seien. Hier müsse der Gesetzgeber neue Bedingungen schaffen.

 

„Der von den Krankenkassen geäußerte Generalverdacht, Ärzte würden zur Steigerung ihres Honorars absichtlich falsche Diagnosen stellen, ist unerhört und wird von den niedergelassenen Ärzten entschieden zurückgewiesen“, entrüstete sich der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich. Patienten würden älter und daher auch kränker. „Wer das bezweifelt, ignoriert die Realität“, sagte Heinrich. Einer Problemlösung in der ambulanten Versorgung verweigerten sich die Kassen hingegen völlig. Die geforderte Rolle rückwärts bei der Berechnung der Vergütung – weg von der Morbiditätsorientierung – spreche Bände: Den Kassen gehe es allein um die Einsparung der Kosten.“