Ein vergiftetes Vergleichsangebot

Gesundheitspolitik

Krankenkassen wollen in Rheinland-Pfalz rasch wieder zu Regressen kommen

SELTERS - Weihnachtsamnestien haben eine lange Tradition. Die Krankenkassen in Rheinland-Pfalz haben unter tätiger Mitwirkung von KV-Vertretern den Vertragsärzten just vor Weihnachten ein "Vergleichsangebot" für unerledigte Regressverfahren offeriert.

Formal ist der Absender die gemeinsame Prüfkommission, paritätisch besetzt mit Vertretern der KV Rheinland-Pfalz und der Krankenkassen. Mit Bezug auf § 106 SGB V und dem neu geregelten Grundsatz "Beratung vor Regress" wird angeboten, sämtliche schwebenden Verfahren – auch "anhängige" –  einzustellen. Jedwede Forderung werde gegenstandslos, wenn die Betroffenen unterschreiben: einschließlich ihrer Verfahrenskosten und etwaiger Auslagen.


Der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende des BVDD, Dr. Ralph von Kiedrowski, warnt davor, dieses vergiftete Geschenk anzunehmen. Tatsächlich stelle die Regressdrohung bei Altfällen kein Risiko mehr dar, nachdem der Gesetzgeber zuletzt noch im September im Rahmen einer gesetzlichen Neuregelung klargestellt hat, dass der Grundsatz "Beratung vor Regress" auch für alle offenen Altfälle gilt.

 

"Selbst wenn Sie dann im nächsten Jahr verlieren (sie brauchen theoretisch noch nicht mal weitere Mühen investieren!), wird zwar ein Regress verhangen, den Sie aber nicht zahlen müssen", verdeutlicht v. Kiedrowski die Rechtslage.

 

Im übrigen sei es "rechtlich sehr dubios, dass Sie mit Annahme des Vergleichs Ihren Anspruch auf Kostenerstattung möglicher Anwaltskosten verwirken. Würden Sie in einem Verfahren nämlich obsiegen, müssten diese Kosten von der Gemeinsamen Prüfeinrichtung getragen werden."


Die tieferen Beweggründe für die scheinbar so hochherzige Weihnachtsamnestie erfuhr v. Kiedrowski jedoch erst auf telefonische Nachfrage beim Prüfgremium: Im Falle der Annahme des Vergleichs, so die Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters,  erhalten die Vertragsärzte dann noch in diesem Jahr eine schriftliche „Beratung“. Damit wird streng nach geltendem Recht bereits das Jahr 2013 für diese Vertragsärzte wieder Richtgrößen-relevant!
 

Der rheinland-pfälzische BVDD-Landesvorsitzende empfiehlt seinen Mitgliedern: "Die Beratung sollte auf jeden Fall persönlich erfolgen, denn Sie können bei einer Beratung Praxisbesonderheiten diskutieren und anerkennen lassen." In jedem Fall werde dann auch 2013 als Referenzjahr wegfallen. So könne dann erst 2014 wieder geprüft werden, und frühestens 2016 könne die Prüfeinrichtung sich in diesem Fall wieder melden!