Abgeordnete machen gegen Ahnungslosigkeit mobil

Gesundheitspolitik

Hautkrebsvorsorge ist in Europa angekommen

BRÜSSEL - Das Europa-Parlament will die Hautkrebsvorsorge und Früherkennung EU-weit verbessern. "Wir müssen etwas tun, um Bewusstsein zu schaffen", unterstrich Christel Schaldemose am Europäischen "Skin Cancer Awarness Day" im Europaparlament in Brüssel. Hautkrebs nehme in Europa sehr rasch zu.

"Es gibt eine gute Nachricht: Vorsorge ist möglich", so die dänische Parlamentarierin von der Fraktion der progressiven Sozialisten. "Wir können sehr viel mehr tun als heute."


Wie schwierig jedoch konkrete gesetzgeberische Initiativen auf Europaebene sind, zeigte sich bei einem Austausch am Runden Tisch zu "Solarien und Hautkrebsvorsorge", bei der sich Sprecher der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie, von Euroskin, der Euromelanoma-Kampagne, Repräsentanten der Europäischen Krebs-Gesellschaften (ECL) und der "Europaparlamentarier gegen Krebs" (MAC) übereinstimmend für Einschränkungen und Altersgrenzen aussprachen.


Ein von zahlreichen Sprechern gefordertes Solarienverbot wird von der EU-Kommission derzeit nicht unterstützt, wie Octavian Vasile deutlich machte. Vielmehr setzt die Kommission auf einen verbesserten Verbraucherschutz als dem kleinsten gemeinsamen Nenner, wie der Abteilungsleiter für Produktsicherheit und Dienstleistungen in der EU-Kommission unterstrich.


Allerdings ist es der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) nach seiner Darstellung in sechs Jahren noch nicht gelungen, ein in Auftrag gegebenes Pflichtenheft mit technischen Spezifikationen für Solarien fertigzustellen. Und bei einem mit EU-Mitteln geförderten Projekt zur freiwilligen Zertifizierung von Solarien fielen von 82 teilnehmenden Einrichtungen aus 12 EU-Mitgliedsstaaten knapp 90% durch. Gleichzeitig haben andere europäische Staaten längst eine Altersbeschänkung für Solariengänger eingeführt.


Das Thema Hautkrebsvorsorge ist dennoch – gegen alle Widerstände namentlich der Solarienindustrie – endgültig im Europäischen Parlament angekommen und das buchstäblich. Schon im vergangenen Jahr veranstaltete die EADV im Europa-Parlament ein Screening. Ergebnis: unter den 137 meist noch sehr jungen und weit überwiegend universitär ausgebildeten Teilnehmern wurden vier melanomverdächtige Befunde festgestellt, einer davon wurde später histologisch bestätigt, in drei Fällen handelte es sich um einen dysplastischen Nävus.

 
Einen leidenschaftlichen Verbündeten im Europa-Parlament haben Hautkrebsbetroffene und Dermatologen auch in Charles Tannock. Bei dem britischen Konservativen wurde bereits vor Jahren Hautkrebs festgestellt – eine Folge der Ahnungslosigkeit seiner Eltern, wie er selbst darstellte, die ihn bei Urlauben in Südostasien als Kind nicht vor der Sonne schützten.

 

Zu den ersten Unterzeichnern einer Deklaration für ein
europaweites Solarienverbot gehörten im Europa-Parlament
Christel Schaldemose und Mac-Präsident
Alojz Peterle
(im Hintergrund rechts).


Die Gründung der Parlamentsabgeordneten gegen Krebs (MAC) liegt ganz auf dieser Linie. Nicht ausdrücklich thematisiert wurde am Skin Cancer Awarness-Tag im Europa-Parlament ein entscheidendes Hindernis für gesetzgeberische Initiativen. Gesundheitspolitik ist nach den derzeitigen Verträgen weitgehend der nationalen Gesetzgebungskompetenz vorbehalten. Doch die Europa-Parlamentarier haben offenbar längst gelernt, mit dieser Einschränkung umzugehen, wie MAC-Präsident Alojz Peterle  bei der abschließenden Abendveranstaltung in der dänischen Botschaft – mit freundlicher Unterstützung von Leo-Pharma –  deutlich machte. "Wir müssen jetzt Daten sammeln und den Austausch verstärken, um die europäischen Standards weiterzuentwickeln", umriss der slowenische Europa-Parlamentarier die vorwärts weisende Strategie. Das Parlament ist bereit, dafür die nötige Öffentlichkeit herzustellen.

 

In der dänischen Botschaft stand der Austausch über
Hautkrebsvorsorgemaßnahmen im Mittelpunkt
.


Die EADV nutzte diese Abendveranstaltung, die Erfolgsgeschichte der Euromelanoma-Kampagne zu präsentieren. Prof. Eckart Breitbart und Dr. Rüdiger Greinert von der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention erhielten Gelegenheit, das zweistufige Konzept und die ersten Ergebnisse des Bevölkerungsscreenings in Deutschland darzustellen. Breitbart berichtete, dass erste Daten des Krebsregisters Schleswig-Holstein auf eine deutliche Absenkung der Mortalität infolge des Hautkrebsscreenings hindeuten. Zugleich verwies er auf die Zielvorgaben der bundesdeutschen Krebsfrüherkennungsrichtlinie, die neben einer Verbesserung der Lebensqualität und Reduktion der Kosten darüber hinaus auf die Aufklärung der Bevölkerung und eine Standardisierung der Vorsorge abzielen.

 

"Die vorläufige klinische Diagnose kann möglicherweise durch die Dermatoskopie verbessert werden", hieß es in Prof. Eckart Breitbarts Powerpoint-Präsentation zur Melanom-Diagnostik – ein positiver Hinweis, der über den derzeitigen Regelungsstandard des Hautkrebssscreenings in Deutschland hinausweist.

 

Die Standards des bundesdeutschen Hautkrebsscreenings

präsentierten die Vertreter der Arbeitsgemeinschaft

Dermatologische Prävention in Brüssel.